“Das Lebensmittelhandwerk ist ein hohes Gut, für das es sich einzusetzen lohnt” – Im Interview mit Michaela Hein vom Presswerk die Ölmanufaktur

Seit 2016 verarbeitet der Betrieb von Michaela Hein, die Ernte von über 1000 Haselnusssträuchern zu Haselnussöl. Schnell kamen weitere heimische Ölfrüchte wie Sonnenblumenkerne, Raps, Lein und Leindotter hinzu. Welche Rolle Nachhaltigkeit und Regionalität in der Ölproduktion spielen und warum es so wichtig ist, das Lebensmittelhandwerk zu unterstützen, hat sie uns im Interview erklärt.

Was bedeutet für dich nachhaltige Lebensmittelproduktion und welche Rolle spielt Regionalität dabei?

Nachhaltige Lebensmittelproduktion heißt für mich Handeln für die Zukunft und dabei Stabilität und Langlebigkeit erzielen. Für mein kleines Unternehmen spielen dabei vor allem die Herkunft der Rohstoffe eine wichtige Rolle: nämlich möglichst regional. Aber ehrlicherweise ist nicht jede Saat regional und in guter Qualität erhältlich. Ich beziehe meine Rohstoffe von Landwirt*innen, die ihren Saaten-Anbau auf die Voraussetzungen des Bodens und den klimatischen Bedingungen ihrer Region angepasst haben. Alle Rohstoffe kommen aus nachhaltigem Anbau ohne Einsatz von chemischen Pestiziden und Düngemitteln. Mir ist die natürliche Fruchtbarkeit, Vitalität und Gesundheit von Boden, Pflanzen und Tieren ein besonders wichtiges Anliegen. Die Regionalität ist bei einer nachhaltigen Ölproduktion sehr entscheidend. Wir beziehen unsere Saaten und Nüsse direkt bei den Erzeuger*innen oder Erzeuger*innengemeinschaften ohne Zwischenhändler*innen und können somit allen in der Wertschöpfungskette faire Preise bezahlen.

Warum ist es so wichtig, das Lebensmittelhandwerk zu unterstützen?

Das Lebensmittelhandwerk braucht unsere Unterstützung, weil es die Versorgung der Menschen im Land und in der Region langfristig sichert. Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie schnell globale Lebensmittellieferketten an ihre Belastungsgrenze stoßen und wie wichtig ein gutes Versorgungssystem vor Ort ist. Die Unterstützung des Lebensmittelhandwerks ist zudem unglaublich wichtig, weil für z.B. Müller*innen, Bäcker*innen, und Fleischer*innen die ganze eigene Existenz darauf basiert und mit dieser Tätigkeit der komplette Lebensunterhalt bestritten werden muss. 
Das Lebensmittelhandwerk ist ein hohes Gut, für das es sich einzusetzen lohnt, auch weil es durch die kurzen Transportwege viel nachhaltiger ist, Arbeitsplätze schafft und faire Preise sowie eine gerechte Entlohnung ermöglicht.

Wie unterscheidet sich handwerklich erzeugtes Öl von Produkten aus der Industrie?

Es unterscheidet sich definitiv im Geschmack und in der Zusammensetzung der Inhaltsstoffe. Die Qualität der Rohware und das schonende Herstellungsverfahren sorgen für natürlich intensive Aromen. Bei der Kaltpressung bei maximal 40°C bleibt der arttypische Geschmack erhalten und Vitamine, Vitalstoffe und wertvolle Fettsäuren gehen nicht verloren.
Unsere Öle sind naturbelassen und schmecken auch intensiver, weil bei uns immer nur kleine Mengen gepresst werden. In unserer Ölmanufaktur wird noch viel Handarbeit betrieben, von der Befüllung der Schneckenpresse über das Abfüllen bis zum Verschließen der Flaschen. Selbst das Etikettieren wird bei uns noch händisch erledigt. Es ist immer aufs Neue eine Freude, wenn Kund*innen das kaltgepresstes Speiseöl probieren und vom natürlichen und typischen Geschmack der jeweiligen Sorte begeistert sind. 

Wie wird eure Ölmühle angetrieben und was passiert mit den Abfallstoffen, die bei der Produktion anfallen?

Unsere Ölmühle läuft seit der Gründung mit Sonnenenergie. Zusätzlich beziehen wir Energie über unsere Hackschnitzelanlage, die mit eigenem Holz betrieben wird. Bei der Ölherstellung entsteht der Presskuchen als sogenanntes Nebenprodukt. Diesen Presskuchen können wir zu 100 % wiederverwerten und z.B. zu Mehl und Nudeln weiterverarbeiten oder an unsere Produzent*innen als Tierfutter weitergeben, sodass auch in einer kleinen Ölmanufaktur eine Kreislaufwirtschaft entstehen kann. 

 

Wir bedanken uns bei Michaela Hein für das interessante Gespräch und den Einblick in ihren Betrieb. 

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Marktschwärmer

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