2014. Die Lösung: Family Farming

2014 ist ein gutes Jahr, denn es ist das internationale Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe (IYFF: International Year of Family Farming). Es müsste zumindest gut sein, denn Familienbetriebe sind eine großartige Sache. Gerade ging das zweijährliche Slow Food Netzwerktreffen Terra Madre in Turin zu ende. Auch hier, das Motto: Family Farming.

Darüber, ob Familiy Farming eine große Sache ist, braucht man sich nicht lange zu streiten, denn hier geht es um sehr viel. Es geht um das weltweite täglich Brot. Kaum vorstellbar, dass bei all dem Massenproduktionswahn immer noch 70% der Weltbevölkerung durch Familienbetriebe ernährt wird. In Nordeuropa, wo Fabrikfilets am Fließband verschlungen werden und wo die Landflucht der Jungen absurde Sendungen wie Bauer sucht Frau generiert, scheint dieser Gedanke fremd. Aber gerade deshalb ist die Entscheidung der UN, 2014 zum IYFF zu machen, so zu begrüßen. Schauen wir doch einmal hin, wo das ganze globale Essen herkommt. Das IYFF will etwas mehr Aufmerksamkeit auf die Familienbetriebe lenken und ein Blick lohnt sich.

Wenn man nämlich genau hinschaut, wird einem Erstaunliches gezeigt. Erstaunliches, das eigentlich ganz gewöhnlich sein sollte: Dinge, wie den Boden nicht zu überdüngen, das Wasser nicht  zu verschmutzen, bestimmte Fruchtfolgen einzuhalten und die Biodiversität zu erhalten, schlicht, das Land, das man für seine Nahrung braucht, zu pflegen. Alles andere könnten sich die Kleinbetriebe gar nicht leisten. Denn was sollten sie auch tun, wenn ihr kleines Stück Land auf einmal unfruchtbar würde?

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© Tree Aid 

Was jetzt paradiesisch klingen mag, ist es jedoch in den vielen Fällen nicht ansatzweise. Auch und vor allem deshalb sollten wir auf die Family Farms schauen. Wie kann es zum Beispiel sein, dass zwei Drittel der weltweit Hungernden auf dem Land wohnen, also ausgerechnet dort, wo die Nahrung produziert wird? Es ist ein stabiler Teufelskreis, der diesen absurden Missstand aufrecht erhält und den Felix zu Löwenstein in seinem Buch FOOD CRASH anschaulich darlegt. Bauern hungern, weil die Früchte, die sie ernten, längst jemandem anderen gehören, Kredithaien, die die Ernte „schon am Feldrand in ihren Lastwagen laden“.

In Bangladesch zum Beispiel, ist ein Vorgang zu beobachten, der sich auch in anderen Entwicklungsländern immer wiederholt. Die Bauern leisten Schwerstarbeit für Centbeträge und sind Meilen davon entfernt, Reserven anlegen zu können und Kapital zu bilden. Allein für die Betriebskosten sind sie ständig auf Kredite angewiesen. Hier kommen die Wucherer ins Spiel. Sie nutzen die Abhängigkeit der Kleinbauern aus, um ihnen die Ernte zu Konditionen vorzufinanzieren, die praktisch bedeuten, dass die Bauern nichts an ihrem Ertrag verdienen. Die Folge, Familien können sich nicht mehr ernähren, Hunger und elende Verhältnisse bestimmen ihr Leben trotz florierender Felder (bis auch das nicht mehr geht). Das ist die Hölle und kein Paradies.

Als letzte Konsequenz werden die instabilen Familienbetriebe vertrieben, und an ihre Stelle treten Massenbetriebe ausländischer Investoren. Familien werden zu kleinen Rädchen in großen Apparaten, moderner Kolonialismus vom feinsten. Die Nahrung ist jetzt für die Mäuler aus dem ‘entwickelten’ Ausland bestimmt. Die Bevölkerung vor Ort hat keinen Zugang mehr dazu. Die Folge, noch mehr Hunger bis hin zu Selbstmordwellen, weil so viel Schande nicht auszuhalten ist.

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© Phillippinen life

Es ist schon erstaunlich, wie sehr Dinge in die falsche Richtung laufen können. Und deswegen ist es wichtig, sich die Dinge anzuschauen. Und genau aus diesem Grund ist das IYFF so sinnvoll – es will die bäuerlichen Familienbetriebe sichtbar machen. Das ist aus zweierlei Gründen extrem wichtig: Indem man Kleinbauern ihre Existenz zerstört, wird nicht nur  jegliche Menschenwürde missachtet, sondern es wird auch das stärkste Mittel vernichtet, den Hunger global und langfristig einzudämmen.

Unabhängige und stabile Familienbetriebe in der Landwirtschaft könnten nicht nur auf sozialer und ökonomischer Ebene eine gesunde Grundlage für lokale Gemeinschaften bilden. Was den meisten nicht bewusst ist: Die Arbeitsweise von Familienbetrieben ist auch deutlich effizienter als diejenige von Industriebetrieben. Landwirtschaftliche Produktionsfaktoren sind nämlich nicht nur Arbeitsaufwand und Ackerfläche. Nein, um langfristig produktiv sein zu können und die optimale Qualität und Quantität aus der Erde zu gewinnen, werden folgende Faktoren unabdinglich benötigt: Biodiversität, sauberes Wasser, fruchtbarer Boden, gesunde Arbeitskräfte und eine ausgeglichene Atmosphäre. Es liegt in der Natur des Family Farmings, dass mit diesen Ressourcen äußerst effizient umgegangen wird.(s.o.). Jede dieser Größen kann durch richtiges Landwirtschaften erhöht anstatt zerstört werden. Diesem Landwirtschaften muss man nur erlauben, stattzufinden.

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© Ag Funder News

In Ländern wie Bangladesch geht es um das nackte Überleben und die Würde der Kleinbauern. Glücklicherweise gibt es erste Institutionen, die sich dieser Problematik annehmen. Die Grameen Bank, beispielsweise, die „Bank für die Armen“ gibt den Familien, die nichts haben, faire Kredite, mit denen sie unabhängig von Wucherern Unternehmen bilden können.

In unseren Breitengraden gibt es nicht so viel Hunger auf dem Land. Aber dennoch ist es unsere Aufgabe, die Kleinbauern wieder mehr ins Zentrum des Geschehens zu rücken. Und das können wir hier ganz einfach tun als Verbraucher.

Kaufen wir Produkte bäuerlicher Familienbetriebe. Lassen wir die industriellen Massenbetriebe mit ihren Monokulturen allesamt elendig eingehen. Dafür brächten wir noch nicht mal ein schlechtes Gewissen zu haben.

Mehr über Marktschwärmer erfährst Du auf unserer Webseite und unserer Facebook-Seite.

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