In Frankreich ist der Apfel die meist konsumierte Frucht, ist er deshalb immer noch knackig? The Food Assembly hat zu diesem Thema Granny Smith und Germaine de Brasparts befragt, um auf den Kern der Sache zu kommen. Kleine Spontan-Befragung, es geht ja ums Eingemachte hier.
Kopfrechnen
Äpfel zu pflanzen und zu ernten, kostest eine Menge Geld: mehr als 70% der Ausgaben enstehen aufgrund der Arbeitskräfte. Wenn man bedenkt, dass die aufgebesserten Nicht-Bio-Sorten im Durchschnitt für 50 Cents pro Kilo angeboten werden und die durchschnittlichen Produktionskosten bei ungefähr 35 Cents pro Kilo liegen (fas doppelt soviel für Bio-Produkte), wieviel verdient denn dann der Erzeuger? Jetzt versteht man gleich viel besser, warum die Supermärkte sich woanders versorgen. In Ländern in denen der Mindestlohn, bezahlter Urlaub und die 35-Stunden-Woche nicht existieren.
Model-Figur
Nicht jeder hat das Privileg ganz oben im Supermarktregal zu landen. Das Auswahlverfahren ist hart. Man will ja schließlich wohlgeformte und glatte Produkte. Die “Super”-Äpfel müssen perfekt sein: fest, glatt, glänzend, mit einer schönen Farbe. Die Äpfel der ersten Kategorie dürfen ruhig ein paar Dellen, eine nicht ganz einheitliche Farbe oder leichte “Beschädigungen der Fruchthaut” aufweisen. Dafür aber werden Sie nie die Äpfel der Kategorie 2 dort finden, die zwar einen Fleck oder eine leicht beschädigte Fruchthaut haben, dafür aber absolut köstlich im Kuchen oder Kompott schmecken. Von den Äpfeln der dritten Zone ganz zu schweigen: Da ist eine Verwandlung fällig! Wenn das keine Verschwendung ist
Chemie & co
An apple a day keeps the doctor away » ? Laut der Environmental Working Group (EWG) landet der Apfel auf Platz eins der Gemüse und Früchte mit den höchsten Pestizidrückständen. In der Picardie beträgt die durchschnittliche Behandlung der Äpfel ungefähr 27 Jahre und das wird sogar von dem sehr offiziellen Statistik-Organ Agreste, das dem Landwirtschaftsministerium angehört, bestätigt. Der Bio-Apfel macht hingegen alles richtig. Kalorien-arm, reich an Antioxidantien und Ballaststoffen: Dieser Apfel hat Biss.
Früchte der Globalisierung
Seit nur noch ein Dutzend Äpfel den Markt beherrschen (der Golden-Apfel stellt 34% der französischen Produktion dar), trägt die Académie Française Trauer. Zumal sich die Sprache Skakespeares auch über die Regale hermacht. Pink Lady, Granny Smith, Golden, Jonagold haben die Renette-Äpfel und die Gelbmöstler ersetzt. Trotzdem gibt es noch Regionen, die ihre eigene, charakteristische Apfel-Sorte besitzen. Heute gibt es in Europa über 4000 verschiedene Sorten. Un dennoch sind sie in unseren Regalen unauffindbar. Das ist das traurige Los der Standardisierung.
Das ganze Jahr November
In einen Apfel zu beißen, bedeutet manchmal auch weit zu reisen. Zu weit sogar. Frankreich produziert jedes Jahr 1,7 Millionen Tonnen Äpfel. Die Hälfte der Produktion wird nach Großbritannien, Spanien, Algerien und Russland geliefert. Gleichzeitig importiert Frankreich 120 000 Tonnen Äpfel aus Chile, Argentinien, Südafrika oder Neuseeland (10 Mal mehr als vor 10 Jahren). Warum eigentlich? Weil die Verbraucher das GANZE Jahr über Äpfel essen wollen, auch wenn es im Sommer schon längst nicht mehr die richtige Jahreszeit ist. Da bleiben eigentlich nur zwei Optionen: Entweder man importiert oder man macht den Früchten weis, dass November jetzt im Sommer ist. Und so verbringen die im Herbst geernteten Golden-Äpfel das ganze Jahr über in der Kältekammer (zwischen 5 und 8° Celsius und einer 70- bis 80-prozentigen Luftfeuchtigkeit), um mehrere Monate lang konserviert und im Sommer verkauft werden zu können. Ergebnis: eine nicht ganz so glorreiche CO2-Bilanz.
Bilanz?
Was machen wir jetzt? Man wählt die lokalen Sorten, nimmt auch mal einen nicht ganz so perfekten Apfel, lässt weder die großen noch die kleinen Exemplare unbeachtet und isst sie zur richtigen Jahreszeit (siehe Grafik). Im Sommer isst man einfach Himbeeren oder Pflaumen. Und bio ? Bio sollte man natürlich bevorzugen, aber unter einer Bedingung: Die Äpfel müssen in unserer Klimazone gepflanzt worden sein. Das wär’s.
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