Auch ohne Garten kann man gärtnern! Mit Topfkultur, urbanem Kompostieren und einer guten Pflanzenauswahl kann dein Balkon zu einem lebendigen kleinen Ökosystem werden.
Du wohnst in der Stadt und denkst, dass es unmöglich ist, etwas anzubauen, weil… ja, warum eigentlich? Kein Garten? Überall Beton? Keine Erde unter den Füßen? Vielleicht ist das Gegenteil der Fall: Vielleicht ist es eine großartige Gelegenheit, unsere Beziehung zum Lebendigen neu zu überdenken – selbst ganz oben im Hochhaus. Um Leben zurück in die Stadt zu bringen.
Man braucht keinen Garten, um zu gärtnern. Ein Balkon, eine Terrasse, ein Fensterbrett oder sogar die Küche können zu fruchtbaren Flächen werden. So geht’s:
Gärtnern ohne Erde: Techniken für Töpfe und Pflanzkästen
Die richtigen Gefäße wählen

Die richtige Wahl der Töpfe © Pauline Sutter
Je größer der Topf, desto mehr Platz haben die Wurzeln sich auszubreiten – die Pflanze wächst kräftiger und übersteht Hitze und Trockenheit besser. In der Stadt spielt auch das Gewicht eine Rolle: Prüfe, wie viel dein Balkon tragen kann. Kunststofftöpfe sind leicht und speichern gut Feuchtigkeit, Tontöpfe sind atmungsaktiver, aber schwerer. Es gibt auch atmungsaktive Geotextiltöpfe – langlebig und schön (z. B. von Bacsac oder Bourgeon).
Das Substrat: die Grundlage für alles
Ohne guten Boden kein gesunder Anbau. In Töpfen sind Pflanzen völlig auf das angewiesen, was du ihnen gibst. Verwende hochwertige Erde – idealerweise torffrei (denn Torf ist nicht nachhaltig) – und bereichere sie mit reifem Kompost oder Wurmhumus.
Ein Substrat mit Mykorrhiza erzielt sehr gute Ergebnisse. Mykorrhiza sind nützliche Pilze, die mit den Wurzeln eine Symbiose eingehen. Ihr unterirdisches Netzwerk (Myzel) hilft, Wasser und Nährstoffe aufzunehmen und an die Pflanze weiterzugeben. Im Gegenzug liefert die Pflanze Zucker. Diese Verbindung stärkt die Pflanze gegen Trockenheit und Krankheiten und fördert das Wachstum. Mykorrhiza sind heute als Pulver oder bereits in Erde integriert erhältlich.

Vergiss das Mulchen nicht
Bedecke die Erdoberfläche deiner Töpfe mit Laub, Schnittgut oder sogar Gemüseschalen – so bleibt die Feuchtigkeit erhalten, der Boden wird genährt (wichtig, da Topfpflanzen auf deine Pflege angewiesen sind), und du musst weniger gießen.
Hydroponik
Wenn du Pflanzen ohne Erde anbauen möchtest, versuch’s mit Hydroponik. Dabei wachsen die Pflanzen direkt im Wasser – du gibst die Nährstoffe selbst ins Wasser, und das Wachstum ist sehr schnell. Oft wird diese Methode mit Aquakultur kombiniert: Fische düngen die Pflanzen mit ihren Ausscheidungen, und die Pflanzen reinigen das Wasser mit ihren Wurzeln. Das nennt sich Aquaponik – allerdings braucht man dafür eine größere Anlage und somit auch einen großen Balkon.
Die Natur nachahmen: Schichten und Fruchtfolgen

Besuch einer Schwebfliege auf einem Balkon mitten in Paris © Pauline Sutter
Auch im Topf kann man wie ein Gärtner denken. Ordne deine Pflanzen in Schichten an:
- Oben: hohe Pflanzen (Tomaten, Mais, Sonnenblumen);
- In der Mitte: Blattsalate oder essbare Blüten (Basilikum, Kapuzinerkresse, Salat);
- Unten: kriechende Pflanzen (Erdbeeren, Minze, Portulak).
Wie wäre es mit Zwergobstbäumen (z. B. Säulenapfel oder Zitronenbaum), um noch mehr Vielfalt zu schaffen? Auch Beerensträucher wie Himbeeren oder Blaubeeren gedeihen gut in Töpfen.
Hast du vier Pflanzkästen? Probiere eine Vierjahres-Fruchtfolge aus, um den Boden nicht auszulaugen und Krankheiten vorzubeugen:
- Jahr 1: Nachtschattengewächse (Tomaten, Auberginen, Paprika)
- Jahr 2: Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen), sie reichern den Boden mit Stickstoff an
- Jahr 3: Wurzelgemüse (Karotten, Radieschen, Rote Bete)
- Jahr 4: Blattgemüse (Kohl, Salat, Mangold)
Dann geht’s wieder von vorne los! Diese Vielfalt hält das Substrat lebendig und im Gleichgewicht. Vergiss auch die Aussaat nicht!

Spinat- und Grünkohl-Aussaat auf dem Balkon © Pauline Sutter
Bioabfälle verwerten: Kompost und Wurmkompost
Kompost – so geht’s

Auf dem Balkon kompostieren – das geht! © Pauline Sutter
Ein Kompost ist ein Mini-Ökosystem. Deine organischen Abfälle (Schalen, Obst- und Gemüsereste, Kaffeesatz…) werden von Bakterien, Pilzen, zersetzenden Insekten und Würmern in nährstoffreichen Humus verwandelt – in 4 bis 6 Monaten.
Damit es klappt:
- Abwechselnd feuchte (Schalen) und trockene Materialien (Karton, Papier, Laub) hinzufügen;
- Einmal pro Woche belüften;
- Fette, Milchprodukte und Fleischreste vermeiden.
Auch ohne Garten kannst du mit speziellen Kompostbeuteln oder einfachen Töpfen auf dem Balkon kompostieren. Oberflächenkompostieren funktioniert ebenfalls: Lege die Reste direkt in dünnen Schichten auf die Erde und überlasse alles der Natur.
Wurmkompost in der Küche

Design-Wurmkomposter – elegant Müll reduzieren © Pauline Sutter
Beim Wurmkompostieren arbeiten spezielle Kompostwürmer (Eisenia foetida) mit dir zusammen, um Küchenabfälle in „schwarzes Gold“ zu verwandeln. Die Würmer fressen die Reste und verdauen sie. Das Ergebnis? Reichhaltiger Wurmhumus und Wurmtee – eine Flüssigkeit, die du (1:10 verdünnt) als Dünger verwenden kannst.
Wichtige Hinweise:
- Regelmäßig Eierschalen und Karton beifügen, um die Säure zu regulieren;
- Geruch? Wahrscheinlich überfüllt – Reste entfernen und mehr Trockenmaterial hinzufügen;
- Fruchtfliegen? Die Oberfläche abdecken, Trockenes und gemahlene Eierschalen einmischen und eine Woche keine neuen Abfälle geben.
Und danach?
Mit fruchtbaren Töpfen, saisonalen Aussaaten, gemulchten Kästen und gut gefütterten Würmern hast du ein kleines lebendiges Ökosystem mitten in der Stadt geschaffen. Gärtnern auf Beton? Ja, das geht. Und es ist sogar notwendig: Um Biodiversität zurück auf Balkone zu bringen, die Verbindung zur Natur wiederherzustellen – und den echten Geschmack des Lebens zu genießen.
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