Wie lautet noch mal das Motto der Expo 2015 in Mailand? Feeding the Planet? Mit McDonald’s, Nestlé und Coca Cola als Sponsoren?! Sonst noch was? – Ja, doch, da kommt noch etwas.
Die Weltausstellung in der reichen norditalienischen Metropole, die noch bis Oktober läuft, widmet sich dem Thema “Welternährung”. Eigentlich eine gute Idee, sollte man meinen. Das Recht auf eine gute und würdevolle Ernährung zählt zu den größten planetaren Herausforderungen, wie zuletzt der Filmemacher Valentin Thurn in seiner Dokumentation 10 Milliarden eindrucksvoll gezeigt hat.
Doch bislang ist die Resonanz auf die Expo 2015 in den internationalen Medien alles andere als begeistert: Bereits in der Planungsphase häuften sich die Korruptionsfälle, die Bürgermeisterin musste ihren Hut nehmen. Zu viel Kirmes, zu viel Multimedia, zu wenig Inhalte, zu wenig nachhaltig, das ist der Grundtenor in der Presse. Auch der deutsche Expo-Pavillon kommt dabei nicht gut weg.
Und schließlich ist da auch noch die Beteiligung der dominierenden Nahrungsmittel- und Agrarkonzerne als zentrale Sponsoren und Partner. Diese hat weltweit für Fassungslosigkeit und Empörung gesorgt. In Mailand selbst gab es Proteste anläßlich der Eröffnung der Messe.
Der Schweizer Jean Ziegler etwa, früherer UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, kritisiert, dass ausgerechnet das Unternehmen Nestlé, das weltweit aggressiv die Privatisierung der Trinkwasserversorgung betreibt, also des wichtigsten Lebensmittels, an der Expo beteiligt ist und unter den Besuchern großzügig Wasser in Plastikflaschen verteilt.
Aller Kritik zum Trotz ist die Show beim Publikum beliebt: “Zur Halbzeit der Weltausstellung in Mailand zeichnet sich ab, dass die Besucher gerne auf dem Gelände speisen. Wie man die Welternährung in den Griff bekommt, ist für sie ebenso wenig Thema wie in den meisten Länder-Pavillons”, bemerkt die Wiener Tageszeitung Der Standard süffisant.
KleinbäuerInnen sind es, die die Welt ernähren
Die italienische Initiative Expo dei Popoli (Expo der Völker), hat bereits im Juni bei einer internationalen Tagung in Mailand nachdrücklich auf die Schlüsselrolle der Kleinbauern für die Ernährung des Planeten hingewiesen. Denn nicht die großen Nahrungsmittelhersteller, so die Veranstalter, sondern die kleinbäuerliche Landwirtschaft versorgt rund 75 Prozent der Menschen weltweit tagtäglich mit Essen. Diese vielen Millionen KleinbäuerInnen – übrigens zum größeren Teil Frauen – gilt es für die Zukunft der Welternährung zu rüsten und zu unterstützen.
Eine Expo ohne diejenigen, die die Welt ernähren, ohne die Bäuerinnen und Bauern, so lautet auch die Kritik von Slow Food, einer Organisation, die vor gut 25 Jahren in Italien entstanden ist, und die sich in vielen Ländern für gute Lebensmittel einsetzt. Slow Food ist selbst bei der Expo vertreten; der Pavillion der Organisation scheint einer der wenigen Orte zu sein, wo man sich auf sinnvolle Weise mit dem Thema auseinandersetzen kann.
Die Expo 2015 in Mailand – soweit, so schlecht. Eine große Chance wurde ganz offensichtlich verspielt. Oder kommt da etwa noch was?
Ja, da kommt noch etwas!
Slow Food Youth, die internationale Jugendorganisation der Slow-Food-Bewegung, will am Ende der Expo doch noch diejenigen nach Mailand holen, die tatsächlich die Welt mit Nahrung versorgen.
Rund 2000 junge Bäuerinnen, Hirten, Gärtnerinnen, Imker, Bäckerinnen, Metzger und VertreterInnen aller Berufe, die Lebensmittel herstellen, sollen vom 3.–6. Oktober in Mailand die Bühne betreten. Menschen aus allen Himmelsrichtungen, von Shanghai bis Sao Paulo, von Regensburg bis Kapstadt. Drei Tage wollen sie beratschlagen, sich vernetzen, Erfahrungen austauschen, demonstrieren und feiern, für alle Welt sichtbar sein.
Da ist zum Beispiel Mugabi Miracle, 20 Jahre, aus dem Südwesten Ugandas. Miracle ist ein moderner Imker, der neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und traditionelle Erfahrungen und Methoden der Bienenhaltung miteinander verbindet. Er wird neben vielen anderen engagierten Menschen, die mit Herzblut und Wissen Lebensmittel herstellen, in Mailand dabei sein. Darunter sind auch ProduzentInnen aus Europa, die mit Food Assembly zusammenarbeiten, etwa die Manufaktur Tofu Tussis in Berlin oder der Bio-Landwirt Amadé Billesberger bei München. Aus Deutschland können sich nach wie vor weitere Interessierte bewerben. Porträts von TeilnehmerInnen finden sich unter We Feed The Planet.
Um Reise- und Unterbringungskosten sowie die Veranstaltung stemmen können, bitten Slow Food und Slow Food Youth um Unterstützung. Wer kann, möge großzügig geben. Je mehr Spenden, desto mehr junge Produzentinnen und Produzenten aus aller Welt werden im Oktober in Mailand auf der Bühne stehen. (ut)
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