Der Schönheitswahn im Supermarktregal

Lebensmittel verkaufen sich dann am Besten, wenn sie makellos aussehen. Und das möglichst lange. Hast Du Dich jemals gefragt, wie Hersteller und Händler ihre Ware auf Schönheit trimmen? Wir haben recherchiert und fünf Tricks der Lebensmittelindustrie entlarvt.


 
Wie wird der Lachs lachsrosa?

1. Der Trick mit der Lachs-Schönfärberei

Wie kommen Lachsfilets eigentlich zu ihrem markanten Orange-Rosa? In der Wildnis ernähren sich Lachse hauptsächlich von kleinen Krebstieren, die ihnen die charakteristische Färbung geben. Aber ein Großteil des Lachses, den Du im Supermarkt kaufen kannst, stammt nicht aus Wildfang, sondern aus Aquakulturen. Diese Zuchtfische werden mit Fischmehl gefüttert, ihre natürliche Fleischfarbe wäre schlicht grau. Aber graues Fischfilet verkauft sich nicht – deswegen wird dem Futter der rötlich-orange Farbstoff Astaxanthin zugesetzt.
 
Vielleicht denkst Du jetzt: Na gut, dann kaufe ich eben nur noch Wildlachs. Aber so einfach ist es nicht: Im Jahr isst jeder Deutsche im Schnitt 14 Kilogramm Fisch, Tendenz steigend. Weil Fisch in anderen Industrienationen ähnlich beliebt ist, stellt Überfischung eine der größten Bedrohungen für die Meeresumwelt dar. Die beste Lösung ist daher: Bewusster und seltener Fisch essen! Die Umweltschützer von Greenpeace haben mit ihrem Fischratgeber eine wertvolle Einkaufshilfe entwickelt. Die Fischfilets der darin empfohlenen Arten leuchten vielleicht nicht lachsrosa – sind aber mindestens genauso lecker und machen kein schlechtes Umweltgewissen.
 

Wie wird der Teebeutel so schön weiß?

2. Der Trick mit den gebleichten Teebeuteln

Der Teebeutel ist eine wunderbare Erfindung, oder? Weniger schön ist der Bleichprozess, der den meisten Teebeuteln ihre strahlend weiße Farbe verleiht: Sie werden meist in einen unappetitlichen Cocktail aus Chlor und Wasserstoffperoxid getaucht. Wenn Du das nächste Mal Tee im Beutel kaufst, achte darauf, dass die Beutel ungebleicht sind. Die sehen zwar etwas dunkler aus, Dein Tee wird aber genauso gut schmecken.
 
Noch nachhaltiger ist es natürlich, losen Tee in der Papierverpackung oder im Glas zu kaufen und mit einem Teesieb aufzubrühen.
 

Wie bekommt man Zitronen so schön zum Glänzen?

3. Der Trick mit den Wachs-Zitronen

Kaufst Du eigentlich gewachste oder ungewachste Zitronen? Oder wusstest Du gar nicht, dass es diese Alternativen gibt? Macht nichts, das geht den meisten Verbrauchern so. Viele Zitronen in unseren Obsttheken sind gewachst, damit sie länger schön aussehen und makellos glänzen. Das Wachs besteht aus Polyäthylen, also Plastik, und Schellack, mit dem zum Beispiel auch Bonbons zum Glänzen gebracht werden. Selbst wenn Du die Zitronenschale gar nicht verwendest, kann das Wachs über Messer oder Schneidbrett in Dein Essen gelangen.
 
Nur Bio-Zitronen sind garantiert ungewachst. Wenn Du gewachste Früchte gekauft hast oder Dir nicht sicher bist, wasche sie vor dem Aufschneiden mit heißem Wasser und reibe sie mit einem Handtuch ab.
 

Wieso will niemand dieses Gemüse?

4. Der Wegwerf-Trick Skandal

Etwa ein Drittel des Obst und Gemüses, das in Deutschland geerntet wird, kommt erst gar nicht im Supermarkt an – es landet direkt im Müll. Wohlgemerkt: Wir sprechen nicht von verdorbener oder ungenießbarer Ware, sondern von Lebensmitteln mit Schönheitsfehlern. Der Lebensmittelhandel akzeptiert nur Produkte, die seinen strikten Schönheitsidealen entsprechen. Die Begründung: Der Verbraucher lasse Unperfektes einfach liegen.
 

Es gibt längst lokale Initiativen, die den Erzeugern die Lebensmittel abnehmen, die der Lebensmittelhandel ablehnt. Aber mal ehrlich: Am einfachsten wäre es doch, wenn der Bauer sich erst gar keine Gedanken darüber machen müsste, ob eine Karotte gerade oder krumm gewachsen ist, weil einfach alles Obst und Gemüse in den Handel und auf den Tisch käme. Du kannst der Lebensmittelverschwendung am Besten entgegenwirken, wenn Du direkt vom Obst- und Gemüsebauern einkaufst. So entsteht Vertrauen. Vertrauen, dass die krumme Möhre sich geschmacklich nicht von einem gerade gewachsenen Exemplar unterscheidet.
 

Wie wird das Bier so schön klar?

5. Der Trick mit dem Fischleim im Bier

Das Reinheitsgebot für Bier reguliert seit 500 Jahren die Braukunst in Deutschland. Bei uns wird Bier eben nur aus Hopfen, Malz, Hefe und Wasser gemacht, oder? Die Wahrheit ist: Das absolute Reinheitsgebot ist heute eher Mythos als Realität. Es gilt nur für untergärige Biere, es gibt einige Ausnahmen und importierte Biere fallen generell nicht unter diese Brauordnung. Und so kann manche Biersorte Spuren von Fischleim enthalten, mit dem das Bier vor der Abfüllung geklärt wurde. Schädlich ist diese gelatineartige Masse nicht, die aus ausgekochten Fischabfällen gewonnen wird. Aber allein die Vorstellung wird nicht jedem schmecken.
 

Wie entgeht man den Tricks der Lebensmittelindustrie? Am Besten durch direkte Nachfragen bei den Produzenten. Das geht auf dem Bauernmarkt, im Hofladen oder in der nächsten Schwärmerei. Fragen zu stellen macht nicht nur schlau, sondern drückt auch Wertschätzung für die Arbeit der Menschen aus, die Deine Lebensmittel herstellen.
 

Von Jemma Moran, freiberufliche Journalistin und Social Media-Managerin. Jemma schreibt bevorzugt über Umwelt- und Ernährungsthemen. 2016 war sie Jury-Mitglied bei der Verleihung des “Best Of Organic Market”-Awards der britischen Soil Association. 

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