Einreisestopp für Saisonarbeiter: Keine Ernte wegen COVID-19?

Aktuell wird viel über Solidarität und Systemrelevanz gesprochen. Aber nicht nur in der medizinischen Versorgung kann Personalmangel drastische Folgen für die ganze Gesellschaft haben:

Erst letzte Woche lobte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner die deutschen Erzeuger*innen. Dank ihnen sei die Lebensmittelversorgung auch in der Corona-Krise gesichert. Die lokale Landwirtschaft sei systemrelevant und sorge in vielen Bereichen für einen Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln von über hundert Prozent. Kurz darauf beschloss die deutsche Bundesregierung das Einreiseverbot für Erntehelfer*innen und bedroht damit die Ernten und zum Teil die Existenzen vieler landwirtschaftlicher Betriebe.

 

Fehlende Saisonkräfte sorgen für Ernteausfall

Rund 300.000 Erntehelfer*innen unterstützen jedes Jahr die hiesigen Erzeuger*innen. Die Helfer*innen kommen hier insbesondere aus Polen, Rumänien oder Bulgarien. Das ist jetzt nicht mehr möglich. Aufgrund von Corona-Eindämmungsmaßnahmen dürfen diese nun nicht mehr nach Deutschland einreisen. Dadurch ist kurzfristig die Ernte von Spargel und Erdbeeren bedroht, aber auch die fehlenden Kräfte für die Aussaat und Pflanzarbeit gefährden langfristig die Ernte anderer Erzeugnisse. Besonders betroffen sind Obst-, Gemüse- und Weinanbaubetriebe.

Die Lage ist wirklich Ernst. Viele Landwirt*innen fürchten massive Ernteausfälle durch fehlende Saisonarbeiter. Denn die Arbeit auf einem Bauernhof wird nicht weniger, nur weil der Rest der Welt den Betrieb heruntergefahren hat. Die Ernte wartet nicht. Was man jetzt nicht reinholt oder aussät, kann man nicht nachholen, wenn die Corona-Krise vorbei ist.

Was folgt, sind dann doch Lieferengpässe mit Lebensmitteln. Die regionale Selbstversorgung, die Klöckner so sehr lobt, kann in diesem Fall nicht mehr gewährleistet werden. Das sieht auch EU-Kommisionspräsidentin von der Leyen so und forderte am Montag Sonder-Einreiseregeln explizit auch für Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft. “Wir brauchen Lebensmittel in den Geschäften und auf unserem Tisch”, sagte von der Leyen in einer Videobotschaft. Die Arbeit dieser Menschen sei wichtig, um die Krise zu überstehen.

***Update Stand: 6. April 2020***

Die Bundesregierung hat die Bestimmungen zur Einreise von Erntehelfer*innen gelockert – Um drohende Ernteausfälle zu verhindern, sollen im April und Mai jeweils 40.000 Saisonarbeiter*innen aus Osteuropa nach Deutschland einreisen dürfen. Dabei sollen strikte Hygienestandards eingehalten werden. Die Koordinierung der Einreise erfolgt laut Bundeslandwirtschaftsminsiterium über die Bauernverbände. Ein erster wichtiger Schritt, jedoch entspricht die Zahl der Einreisenden nur einem Bruchteil der im Lande benötigten Saisonarbeiter. Ebenfalls steht im Raum, wieviel helfende Hände kleinbäuerlichen Betriebe erreichen. Das heißt: noch immer sind viele Landwirt*innen auf Hilfskräfte aus dem Inland angewiesen.

Erzeuger*innen brauchen jede helfende Hand

Was neben flexibleren Regelungen für die Saisonarbeit und einem so kurzem Einreisestopp wie möglich helfen kann, sind wir. Wir alle sind jetzt gefragt, denn jede*r kann mithelfen. Initiativen haben deshalb kurzfristig Portale ins Leben gerufen, bei denen sich Freiwillige aus dem Inland zur Ernte melden können. Vielleicht hast du ja Zeit mitzumachen, jede Hand wird benötigt.

 

Daslandhilft.de (Link)
Auf der Plattform von dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und Maschinenring kannst du eintragen, an welcher Arbeit du interessiert bist. Es werden nämlich nicht nur Helfer*innen für die Feldarbeit, sondern auch direkt im Betrieb oder in der Vermarktung gesucht. Deine Wochenarbeitszeit und Verfügbarkeit kannst du auch angeben. Gleichzeitig kannst du nach Inseraten von Landwirt*innen in deiner Nähe suchen.

 

Clever ackern (Link)
Auch hier kannst du angeben wann, wo und wie lange du arbeiten möchtest. Hier sind deine Daten allerdings nicht öffentlich, sondern werden direkt an die Betriebe weitergegeben.

 

Erntehelfer-gesucht.de (Link)
Hier inserieren Landwirt*innen, wann und wie sie Hilfe brauchen. Du kannst dich dann einfach auf die Angebote melden.

 

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