Nirgendwo sonst findet man so viele verschiedene Brotsorten wie in Deutschland. Kein Wunder also, dass auch im Jahr 2022 in privaten Haushalten stolze 1.647.000 Tonnen Brot verspeist wurden. Damit zählt das Land zu den weltweit größten Brotliebhaber*innen und kann stolz auf eine lange Backtradition zurückblicken.
Dennoch verändert sich die Brotlandschaft: Während traditionelle Handwerksbetriebe immer häufiger ihre Türen schließen, übernehmen große überregionale Produktionsbetriebe vermehrt die Herstellung von Backwaren. Gleichzeitig bieten Discounter und Supermärkte in ihren Filialen zunehmend eigene Brotprodukte an. Doch was unterscheidet das Discounterbrot vom Bäckerbrot?
In diesem Artikel tauchen wir tiefer in die Welt des Brotes ein, um zu verstehen, welche Unterschiede es zwischen dem handwerklich hergestellten und dem Industriebrot gibt und auch die Bedeutung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Brotproduktion zu verdeutlichen.
Begeben wir uns hierfür kurz ins Land des Baguettes, um zu verstehen, wie hoch der Konsum von Industriebrot ist: In Frankreich werden jedes Jahr 10 Milliarden Baguettes verkauft. Um diesen Konsum zu stillen, kommen jede Sekunde 320 Baguettes aus dem Ofen. Insgesamt macht die Brotstange hier 74 % des gesamten Brotmarktes aus. In Deutschland sieht das etwas anders aus: Das beliebteste Brot ist hier vielleicht etwas überraschend das Toastbrot, dicht gefolgt vom traditionellen Mischbrot. Aber auch Mehrkorn- und Vollkornbrot erfreuen sich großer Beliebtheit.
Am Anfang war ein Weizenkorn…
Kennst du den Unterschied zwischen einem konventionellen Weizenkorn und einem Bio-Weizenkorn?
Konventioneller Weizen wird so ausgewählt, dass er mit möglichst viel Dünger, möglichst schnell wächst. Während seines Anbaus bekommt er eine regelmäßige Dosis Dünger verpasst und Pestizide werden im Übermaß verwendet. Auch die Wuchshöhe ist mit maximal 30cm genau festgelegt, da dies die Arbeit der Erntemaschinen behindern und verlängern würde.
Im Vergleich dazu passt sich das Weizenkorn aus biologischem Anbau den lokalen Bedingungen an, und trotz Krankheiten auch ohne den Einsatz von Pestiziden und übermäßigem Dünger. Seine Halme erreichen Höhen von mehr als 1,80 m. Besonders die alten Getreidesorten haben hier einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Industrieweizen: sie dringen tief in den Boden ein und können so aus mehreren Erdschichten Nährstoffe und Wasser beziehen. Das führt dazu, dass sie weniger Dünger benötigen und folglich viel verträglicher für Boden und Grundwasser sind.
Vom Acker zum Teig
“Ins Brot kommt nur Mehl, Wasser, Sauerteig und Salz” -Bäcker Michael Flohe
Ein traditionell hergestelltes Brot enthält nur wenige Zutaten: Mehl, Wasser, Salz und ein Backtriebmittel wie Hefe oder Sauerteig. Ein guter Sauerteig ist dabei die unverwechselbare Signatur einer Bäckerei – er trägt ihr Markenzeichen und birgt das Geheimnis einer individuellen Rezeptur.
Woraus besteht Sauerteig? : Sauerteig besteht aus Mehl und Wasser, die durch natürliche Hefen und Milchsäurebakterien fermentiert werden. Dieser Prozess verleiht dem Teig seinen charakteristischen Geschmack und Struktur.
Während handwerkliches hergestelltes Brot mit diesen wenigen Zutaten auskommt, lassen sich im Industriebrot nicht selten bis zu 14 Zusatzstoffe finden. Diese reichen von Gluten, um den Teig elastischer und maschinentauglicher zu machen, über Ascorbinsäure, Milchsäuren, Essigsäure und Konservierungsstoffe bis hin zu künstlichen Weizenaromen und Zucker. Zudem setzt man in der Massenproduktion auf industrielle Hefe. Dieses “magische Pulver” lässt das Brot nämlich auch ohne Sauerteig im Eiltempo aufgehen.
Bevor das Brot in den Ofen kommt, muss der Teig ruhen. Je länger der Teig ruht, desto besser und bekömmlicher wird das Brot. Während das Brot vom Bäcker bis zu 24 Stunden ruht, wird die Ruhezeit bei Massenproduktionen in Betrieben oft auf eine halbe Stunde reduziert.
Es ist Zeit zu backen
Nach der Ruhezeit ist die Zeit für den Backofen gekommen. In den großen Backterminals der Discounter wandern die tiefgefrorenen Teigwaren in den Industrieofen und werden dort mit ein paar künstlichen Aromen aus dem Gebläse schmackhaft gemacht. Anschließend verkauft man die noch warmen Backwaren den Kund*innen als gerade frisch gebacken. Das die meisten Brote fast 1500 Kilometer in den Krümeln haben, ahnt hier wohl kaum jemand. Auch, dass die Backwaren den Supermärkten nur als Lockmittel dienen, scheint nur wenige wirklich zu interessieren. Sie sollen die Kundenfrequenz erhöhen und durch den Brotduft für eine „positive Einkaufsstimmung“ sorgen
In den handwerklichen Bäckereien hingegen wird alles vor Ort hergestellt, das Mehl wird aus lokal angebautem Weizen gemahlen, und das Brot wird im hauseigenen Holzofen gebacken. Regionaler geht´s kaum.
Bäcker Michael Flohe, Inhaber der Spezialitätenbäckerei Laib & Seele in Rheinbach fasst nochmal zusammen was für das Bäckerhandwerk ausmacht:
“Ein richtiger Handwerksbäcker verarbeitet nur die hochwertigsten Rohstoffe und kann dir alles über diese erzählen. Das heißt, ich kann meinen Kunden genau sagen, wie und wo das Getreide angebaut wird, das wir für unsere Backwaren verwenden. Darüber hinaus verwendet er keine Zusatzstoffe (z.B. Enzyme) die den Herstellungsprozess beschleunigen oder für eine längere Frische und Haltbarkeit sorgen. Ein echter Handwerksbäcker arbeitet in erster Linie mit seinen eigenen Händen. Bei uns gibt es keine Laufbänder, Brotstraßen oder andere große Maschinen, die die Produktion übernehmen. Am Ende ist es jedoch fundiertes Wissen, langjährige Erfahrung und handwerkliches Können, auf das es beim Brotbacken ankommt.”
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