Zwischen Feld und Familie – Im Interview mit Landwirtin Anne Möller

Landwirtin Anne Möller bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Mann Stefan seit fünf Jahren einen Hof in Herbsleben. In unserem Interview erzählt sie uns, warum sie sich für einen Beruf in der Landwirtschaft entschieden hat und wie sie als Frau in einem von Männern dominierten Arbeitsumfeld wahrgenommen wird. Außerdem erfahren wir mehr über Herausforderungen, die der Beruf generell mit sich bringt, und die gegenwärtige Situation in der Landwirtschaft.

Was hat dich dazu motiviert, einen Beruf in der Landwirtschaft auszuüben?

Nach dem Abitur habe ich zunächst eine Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht. Jedoch konnte mich mein Betrieb nicht übernehmen, sodass ich mich entschied, einen anderen Weg einzuschlagen. Anschließend besuchte ich die landwirtschaftliche Winterschule, wo ich meinen staatlich anerkannten Landwirt gemacht habe. Meine Großeltern waren schon immer in der Landwirtschaft tätig und auch meine Eltern haben sich vor der Wende in der Landwirtschaft selbständig gemacht und ihr Obst und Gemüse auf dem Markt verkauft. Nach gesundheitlichen Problemen meines Vaters entschied ich mich kurzerhand dafür, den Betrieb zu übernehmen. Die Landwirtschaft war schon immer ein Teil meiner Familie. Seit meiner Kindheit war das Landleben ein fester Bestandteil meines Alltags und unser Land seit Generationen in Familienbesitz. Vor drei Jahren erwarben wir zudem einen Dreiseitenhof, den wir nun nach und nach ausbauen. Hier verarbeite und produziere ich alles, was wir anbauen. Jetzt bin ich bereits im fünften Jahr selbständig.

Glaubst du, dass es Unterschiede in der Art und Weise gibt, wie Frauen und Männer in der Landwirtschaft wahrgenommen werden?

Nachteile habe ich persönlich eigentlich nie erlebt. Natürlich fiel auf, dass wir während der Winterschule nur zwei Frauen in der Klasse waren, während der Rest des Jahrgangs aus Männern bestand. Auch jetzt sind die meisten Landwirte, die ich kenne, männlich. Dennoch habe ich nie Diskriminierung in diesem Sinne erlebt und fühle mich von meinen männlichen Kollegen gleichbehandelt. Viele Menschen äußern sogar Bewunderung dafür, dass eine Frau sich für einen landwirtschaftlichen Beruf entscheidet und diese körperlich harte Arbeit verrichtet. Letztendlich ist es meiner Meinung nach eine Frage der individuellen Fähigkeiten und nicht des Geschlechts.

Welche Hürden gibt es für Frauen in landwirtschaftlichen Berufen? Lässt sich ein Beruf in der Landwirtschaft mit der Familie vereinbaren?

Ich denke, dass Hürden wie schlechte Bezahlung, Familie und Altersvorsorge nicht nur in der Landwirtschaft existieren, sondern in vielen Berufsfeldern. Es ist natürlich klar, dass früher oder später die Familienplanung bei vielen eine Rolle spielt. Während meiner Schwangerschaft habe ich bis zum letzten Tag gearbeitet und bin schon wieder arbeiten gegangen, da war unser Kind gerade mal zwei Monate alt. In der Landwirtschaft gibt es praktisch keine freien Tage; jeden Tag gibt es etwas zu tun. Unser Sohn ist mittlerweile 15 Jahre alt. Er ist nebenbei aufgewachsen, immer dabei gewesen und dadurch von Anfang an sehr selbstständig. Auch ist es hier hilfreich, dass mein Mann und ich beide in der Landwirtschaft tätig sind. Beziehung und Familie können nur funktionieren, wenn beide an einem Strang ziehen. Ich glaube, dass es durchaus möglich ist, Kinder und die Arbeit in der Landwirtschaft miteinander zu vereinbaren. Letztendlich kommt es auf gutes Zeitmanagement an, sonst funktioniert es nicht.

Wie siehst du die Zukunft (für Frauen) in der Landwirtschaft?

Im Grunde genommen bin ich in die Landwirtschaft hineingeboren worden. Um ehrlich zu sein, wenn meine Eltern nicht bereits seit langem in diesem Bereich tätig gewesen wären und es eine etablierte Nachfrage auf dem Markt als Direktvermarkter gäbe, hätte ich vor fünf Jahren nicht den Schritt gewagt, komplett bei Null anzufangen. Es ist einfach äußerst schwierig, sich von Grund auf einen treuen Kundenstamm aufzubauen und diesen zu halten. Auch die gegenwärtige Situation in der Landwirtschaft ist besorgniserregend, so sehen sich zahlreiche Betriebe gezwungen zu entscheiden, ob sie weitermachen oder ihre Produktion einschränken sollen. Einige Höfe sind sogar gezwungen, Land abzugeben, da ihnen Steuervergünstigungen und Subventionen gestrichen wurden. Viele Betriebe haben auf diese Unterstützung gebaut und durch den Wegfall stehen zahlreiche Höfe vor dem Aus. Trotzdem fände ich es cool, wenn es in der Zukunft mehr Landwirtinnen gibt. Allerdings halte ich den Beruf gegenwärtig nicht für besonders attraktiv, auch wenn er sehr erfüllend sein kann. 

 

Wir bedanken uns bei Anne Möller für das interessante Gespräch und den Einblick in ihren Betrieb. Ihre regionalen Produkte erhältst du bei den Marktschwärmer Erfurt-Kontor.

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